Original von stylus20
ich nehme an es geht hier um microlimits? auf midstakes wär halt alles unter 50% button opening range ein ziemliches leak. es spricht grundsätzlich nix dagegen aus utg und mp sehr tight zu raisen, vorallem wenn man wenig postflop erfahrung hat. overall solltest du dich eher an den gegnern die hinter dir sitzen orientieren was du wann, in welcher posi raisen kannst.
Wie willst du denn 50% Button Openraisingrange haben, wenn hier empfohlen wird Hände wie 79s, 56s, 55 etc. Preflop zu folden? Niemand wird gegen halbwegs kompetente Gegner 50% seiner Hände profitabel openraisen können, wenn man dann nicht weiss wie man auf 3-Bets richtig agiert. (und die vorgenannten Hände zu folden ist eins der großen Probleme, denn die befinden sich nicht unbedingt am unteren Ende unserer Openraising.
Aber generell mal etwas zur Openraisingtheorie. Ein Openraisingchart hat das Problem, dass er den wichtigsten Teil am Tisch nicht darstellen kann bzw. abbildet. Die relative Position auf deine Gegner und die Dynamik zwischen dir und den Gegnern.
Eine fixe Openraisingrange anzugeben ist okay und für einen Anfägner auch hilfreich, damit dieser erstmal überhaupt eine Basis für Openraises hat. Mittelfristig musst du aber von dem Gedanken wegkommen, dass du Handgruppen unabhängig von deinen Gegnern spielen kannst und jede deiner Entscheidungen auf den Spielstil deines Gegners optimieren, um den maximalen EV aus jeder Entscheidung zu ziehen.
z.b. kann dein Chart nicht abbilden, im BB ein Fisch sitzt während du UTG überlegst was du jetzt machen sollst. Gegen Fische willst du viele Pötte spielen, um deinen Gegner keine Chance zu geben ihnen zuerst das Geld abzunehmen. Position ist in NLH ein wichtiger Faktor. Also überlegst du dir wie die Spieler hinter dir deinen UTG Openraise wahrnehmen - warst du sehr aktiv in den letzten Runden aus den frühen Positionen und du vermutest, dass so langsam deine loosen Openraises angegriffen werden oder macht es eher den Eindruck das deine Gegner sich da noch nicht so drum kümmern.
Jetzt schau ich mit 45s an und überlege mit, ob ich die Hand jetzt openraise oder folde.
Komme ich zu der Entscheidung, dass ich durch den Openraise
a) nicht oft eine 3-Bet oder einen Call eines Spielers hinter mir bekomme
b) oft mit dem BB in den Pot komme und HU spielen darf
c) eine signifikante Edge gegenüber BB aufbauen kann
dann openraise ich 45s UTG und mache damit Gewinn.
Auf den Microlimits sind diese Art der Entscheidungen noch nicht so wichtig, da deine Gegner zuviele grundsätzliche technische Fehler in anderen Bereichen machen und du mit sehr simplen, aber erprobten Ansätzen Geld gewinnst.
Ich persönlich bin im Verlaufe der letzten Jahre immer stärker in Richtung Lag abgedriftet und in meinen Coachings empfehle ich den Leuten auch diese Art von Poker schon von Anfang an zu lernen. Diese Art der Herangehensweise hat den Vorteil, dass die Schüler in toughe Situationen gezwungen werden und nicht dem Leitsatz folgen:" einfache Entscheidungen sind die richtigen Entscheidungen." Für die Winrate ist das natürlich grade am Anfang katastrophal, aber wenn sie den Dreh bekommen und sich über jede Situation explizit Gedanken machen und in jeder Situation versuchen den maximalen Erwartungswert zu finden und ein sehr gegnerspezifisches Spiel angehen, dann ist das einfach wesentlich sinnvoller als sehr tight an die Sache zu gehen und viele marginale +EV Spots auszulassen.
Grade wenn das Ziel die Midstakes oder sogar die Highstakes ist, dann werden die Gegner grade die Edges aus diesen marginalen +EV Spots ziehen, die du verpasst und dich gnadenlos exploiten, wenn du nicht weisst das du da grade exploitet wirst oder nicht weisst wie du dich richtig gegen den Exploit wehrst.
D.h. übrigens nicht das ein tighter Spielansatz schlecht ist, vor allem für schlechte Handreader ist der tighte Ansatz wesentlich sicherer, da sie selten knappe Entscheidungen treffen müssen. Die maximale Winrate bekommt man aber wie erwähnt nur mit einem Ansatz, der sich extrem stark auf die Tendenzen der Gegner am Tisch aufbaut.